28 Dezember 2006

Kulturschock - Weihnachten

Hallöchen, da bin ich wieder! Also, ich hatte ein interessantes und anderes, aber wunderschönes Weihnachtsfest bei Bec und ihrer Familie.
Von Freitag bis Dienstag war ich in Tamworth, einer australischen "country town". Trotz einer größe von nur 50 000 Einwohnern gilt die Stadt als Zentrum. Weil es weit und breit keine größeren Städte gibt. Die nächstgrößere ist Newcastle und 400 km entfernt, dann Sydney, 600 km entfernt. Mannomann, in Tamworth (liebevoll Tammy genannt) ist vielleicht viel Platz! Immer wieder sind wir in Wohngebieten auf Straßen gefahren, zu denen Bec den Kommentar "this would be a 6 lane highway in Sydney" abgegeben hat. Und sie hat recht!
Anyway, die Tage vor Weihnachten haben wir mit Picknick, Kino, Ausflügen zum Fluss, Spaziergängen zum Spielplatz, Geschenke basteln und einwickeln, Kuchen backen und noch mehr so sommerlichen und alltäglichen Tätigkeiten verbracht. Wir hatten unseren Spaß! Endlich mal was anderes, nach der ganzen Arbeit!
Weihnachten fing dann am Heiligabend an. Um 7 waren wir im Gottesdienst, mit einem modern aufgezogenen Krippenspiel, einer evangelistischen Predigt und vielen Weihnachtsliedern. Ich kannte sie alle, nur die englische Textverteilung war mir manchmal fremd. Anschließend sind wir dann in der ganzen Stadt herumgefahren, um die mit Lichtern dekorierten Häuser anzusehen. Das machen hier durchaus nicht alle, wie es in Deutschland oder gar den USA üblich ist. Nur manche Straßen sind voll von solchen Häusern. Scheinbar vergibt der Stromanbieter einen Preis für die Straße der Stadt mit den am besten dekorierten Häusern. LOL. Da haben wir schon ein paar beeindruckende Straßen gesehen, da leuchtet und blinkt und glitzert es, vor den Türen stehen tanzende Weihnachtsmänner, Rentiere und und und. Kunterbund und kitschig, aber interessant. Überall laufen Leute und fahren Autos rum und schauen sich das Spektakel an. Den restlichen Abend haben wir wieder mit Geschenke basteln und Fernsehschauen verbracht.
Wirklich Weihnachten ist am 25.12. Morgens früh werden erstmal Christmas Stockings geöffnet. Sie haben mich an unsere Nikolausstiefel erinnert. Das sind noch nicht die richtigen Weihnachtsgeschenke. Die übergroßen Socken werden gefüllt mit nützlichen Dingen, die über's Jahr sowieso irgendwann ersetzt werden müssen. Stifte, Kleber, Shampoo u.s.w. Da in dieser Familie der Vater sich um den Inhalt kümmert, waren viele Autosachen dabei. Obwohl er zwei Töchter hat. Lackstift, Duftspray, Lenkradschoner. Ich habe auch einen Stiefel bekommen, und ich muss sagen, sie haben gut nachgedacht, mir nichts geschenkt, was zusätzliches Gewicht zu meinem (ohnehin schon viel zu vielen) Gepäck hinzufügt. Alles ist einzeln eingewickelt, und ausgepackt wird der Reihe nach, one at a time. Hat also eine Weile gedauert.
Nach dem Frühstück waren wir im etwas feierlichen Weihnachtsgottesdienst. Als wir herauskamen, hat es geregnet. Und alle haben sich riesig gefreut! Tamworth ist so trocken, dass einem die Füße wehtun, wenn man barfuß über's Gras läuft, weil es so verbrannt ist. Alles ist braun, nichts ist mehr grün. Die Flüsse haben so wenig Wasser, dass man nicht mehr darin schwimmen kann. Wenn sie überhaupt welches haben. Überall in Australien bezeichnet man dieses Jahr als besonders schlimme Dürre, und auf dem Land ist es noch schlimmer als an den Küsten. Seit Monaten betet man verzweifelt für Regen. Und selbst wenn es am wichtigsten Feiertag in Strömen regnet freut man sich wie die kleinen Kinder und verlegt die Grillparty nur zu gerne nach drinnen.
Wir hatten die Grillparty bei Becs Onkel und Tante und Cousinen. Mit schwimmen im Pool war wegen des Wetters nichts, aber das hat uns nichts ausgemacht. Wahrscheinlich war es besser so als wenn es unerträglich heiß gewesen wäre. Nach Lunch und Kaffe sind wir wieder heim und waren für uns. Becs Eltern, ihre Schwester Sarah, deren Verlobter Josh (Hochzeit ist in einer Woche!), Bec und ich. Nach dem Abendessen (Seafood, lecker!) gab's dann Geschenke. Plastikweihnachtsbaum und nichts mit Kerzen. Trotzdem gemütlich. Der Reihe nach wurden auch die Geschenke geöffnet und alle haben sich immer riesig gefreut. Ich habe auch etwas bekommen. Es war eine total fröhliche Gesellschaft, und wir saßen bis spät zusammen. Am Ende wurde dann, auch in dieser zivilisierten Familie mit erwachsenen Töchtern noch ein Video geschaut. So ist das nunmal.
Und das war mein Weihnachtsfest. Es war schon komisch und anders, ohne meine Familie, und ich habe sie auch vermisst. Aber dafür, dass ich nicht zu Hause sein konnte, war es ideal. Becs Familie ist total liebevoll und hat mich so selbstverständlich aufgenommen, dass ich mich sehr zu Hause gefühlt habe.

P.S.: Die Fotos sind leider alle auf Becs Kamera und ich bekomme sie erst noch. Deshalb müsst ihr erstmal Vorlieb mit der "Big Guitar" nehmen. Es ist das einzige, was ich momentan habe. Tammy ist Country Music Capital of Australia, deshalb die Gitarre...