20 November 2006

Kulturschock - Warum?

Auf den ersten Blick ist alles anders. Die Autos fahren links, die Leute sprechen ein komisches Englisch, die Sonne scheint ununterbrochen und man ist nie weit vom Strand entfernt. Auf den zweiten Blick ist alles gleich. In den Supermärkten gibt es die gleichen Lebensmittel, auf den Straßen fahren die gleichen Autos, die Leute sehen aus wie zu Hause, arbeiten wie zu Hause, gehen weg wie zu Hause. Erst auf den dritten Blick sieht man das wirkliche Australien in seiner Vielfalt, mit den Ähnlichkeiten und den Unterschieden. Manches ist zum Lachen, manches zum Heulen, und manches einfach nur anders. Die Eindrücke können einen manchmal schon überwältigen, und doch rutscht man erstaunlich schnell in den gewöhnlichen Alltag hinein—auch hier, am anderen Ende der Welt.

Warum das Ganze? Genau deswegen? Oder hatte ich mir etwas anderes erhofft? Ja, das frage ich mich auch ziemlich oft. Was habe ich erwartet, das mich dazu bewegt hat alles aufzugeben, was ich hatte, alles zu verlassen, was mir vertraut war, ohne zu wissen, was mich erwartet? Gute Frage! Ich glaube, mich hat einfach das Fernweh gepackt. Ich war bereit für etwas Neues, für ein Abenteuer. Erwartet habe ich ein spannendes Jahr, neue Freunde, entspannte Uni, Urlaub, Sommer, Sonne, bereichernde Erfahrungen, einen extra Eintrag in meinem Lebenslauf… So konkret waren meine Vorstellungen eigentlich gar nicht, ich wollte mich einfach darauf einlassen. Was mich erwartete—davon hatte ich keine Ahnung, und ein Stück weit ist es sicherlich auch gut so. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich Deutschland verlassen. Mir war bewusst, dass ich mich in Erlangen sehr wohl gefühlt hatte. Und trotzdem: so schwer ist mir der Abschied wirklich nicht gefallen. Ich habe gesagt „bis nächstes Jahr“ und nicht einmal geweint—bis ich mich am Flughafen von der letzten Person verabschiedet umgedreht hatte. Das war der Anfang vieler Tränen und gleichzeitig des verrücktesten Jahres meines Lebens.

(Foto: KJE-Abschied)