01 Dezember 2006

Kulturschock - Supermarkt

Uiuiuiiiiii, jetzt hab ich große Versprechungen gemacht und sie nicht im geringsten gehalten. War mal wieder viel zu beschäftigt... Die Klausuren sind überlebt und auch ganz passabel ausgefallen, wenn man mal die Umstände bedenkt. Jetzt muss ich wirklich nur noch die Studienarbeit machen. Sie ist inzwischen stolze 50 Seiten groß :-)

Anyway, auch der erste Besuch im Supermarkt war ein ganz schöner Schock, vor allem was die Preise angeht! Was alles fehlt hab ich erst später festgestellt. Also vor allem Milchprodukte sind hier unbezahlbar, das gilt für Milch, Joghurt, Käse und sogar Schokolade... Ich scheine aber auch im allerteuersten Viertel Australiens zu wohnen, ganz Sydney gilt als teuer aber die Eastern Suburbs als am teuersten. Nur Bananen sind überall teuer, so ca. $12 (7,50€) das Kilo. Käse schmeckt generell nach "cardboard", das geben auch die Australier zu, wenn man nicht bereit ist, ein Vermögen zu bezahlen, und so schön in Scheiben geschnitten ist er auch nicht (außer dem Schaibletten-artigen Zeugs). Quark fehlt komplett und ebenso die anständige Schokolade. Lindt gibt's (wie wohl überall auf der Welt), aber auch nur für ein mords Geld. Obst ist gut und frisch, aber nicht gerade günstig. Über das Brot hab ich ja schon mein Leid geklagt. Vanillinzucker hab ich bis heute nicht gefunden und Mehl ist generell von vornherein mit Backpulver versetzt (plain flour muss man suchen). Geschockt war ich auch, als ich in einem ganzen Schrank voller Tiefkühlpizzen keine einzige vegetarische finden konnte. Für Vegetarier ist dieses Land nicht gemacht. Kartoffeln kaufen die meisten schon gewaschen--und kochen sie mit Schale. Welche Müsliriegel nicht staubtrocken sind kriegt man mit der Zeit raus und auch die ungesalzene Butter hab ich inzwischen entdeckt. Naturjoghurt schmeckt generell grauenvoll--die kommen hier mit ihrem fat-free Zeugs fast an die Amis ran (nur Wasserflaschen wo "fat free" draufsteht hab ich noch nicht gesehen). Am Anfang muss man eben ein wenig experimentierfreudig sein und auch mal was wegwerfen... Bei den Toilettenartikeln bin ich immer erstaunt, dass es fast nur das selbe Zeug gibt wie bei uns. Von Colgate über Fructis bis Nivea ist alles da!
Am Anfang hat das Einkaufen echt ewig gedauert. Schon dumm, wenn man sich nicht auskennt. Auch dachte ich wochenlang, dieses Jahr kostet mich ein Vermögen, wenn man für einen kleinen Korb voller Zeugs schon $40 bezahlt. Für 25€ kann ich beim Aldi fast einen ganzen Wagen vollpacken (Aldi gibt's hier übrigens auch, nur leider nicht so wirklich in meiner Nähe).
Ach ja, heute ist mir aufgefallen, dass ich noch keine Schoko-Nikoläuse gesehen habe. Ich muss nochmal gucken, aber die wären mir doch sicher aufgefallen! Übrigens gibt's hier den Nikolaus glaub ich nicht, und auch Adventskalender sind nicht weit verbreitet. Sooooooo komisch, zu Hause backt meine Mama fleißig Plätzchen, aber hier kann Weihnachten doch noch nicht kommen, oder? It just feels soooo wrong!

02 Dezember 2006

Kulturschock - Aldi

Ich habe zu gestern noch einen Nachtrag: heute war ich beim Aldi, weil ich meinen Mitbewohnerinnen doch gerne einen Nikolausstiefel (oder sowas ähnliches, Stiefel gibt's hier nicht wirklich) packen wollte. Und da hatten sie doch tatsächlich Schoko-Weihnachtsmänner! Und noch so einiges andere: Nürnberger Lebkuchen, Dominosteine, Zimtsterne... Hab mich gleich ordentlich eingedeckt, so viel Schokolade auf einem Haufen hab ich glaub ich noch nie gekauft! Aber komisch ist es ja schon, die Lebkuchen bei 30° zu essen! Ja, das "Weihnachten im Sommer ist ja so komisch" müsst ihr euch jetzt noch öfter anhören ;-)

Ansonsten ist ganz Sydney voller kitschigst dekorierter Weihnachtsbäume mit großen goldenen Sternen. Und ich steh davor mit Rock und Top und denk mir, das kann doch wohl nicht wahr sein!

07 Dezember 2006

Kulturschock - Verkehr

Einer der bekanntesten und offensichtlichsten Unterschiede ist der Linksverkehr. Das beinhaltet nicht nur, dass die Autos auf der linken Straßenseite fahren, sondern auch, dass man beim Rechtsabbiegen auf Gegenverkehr achten muss, dass man Kreisverkehre im Uhrzeigersinn umrundet, dass der Fahrer im Auto rechts sitzt, der Schaltknüppel links und der Blinker rechts ist. Nur das Gaspedal ist auch auf der rechten Seite, und rechts vor links gilt auch. Aber nicht nur als Autofahrer betrifft einen das. Auch als Fußgänger muss man sich dessen bewusst sein, dass die Autos erst von der rechten Seite kommen. Wo wir unseren Kindern beibringen, links-rechts-links zu gucken, muss man es hier genau andersrum tun: rechts-links-rechts. Wenn man das von klein auf so beigebracht kriegt, muss man da schon ganz schön nachdenken. Und wenn man sich zwingt, nach rechts zu schauen und loszulaufen hat man ständig das Gefühl, gleich von hinten überfahren zu werden. So mancher ist schon in seinen ersten Stunden in Australien vor’s Auto gelaufen, und so findet man wenigstens in Sydney an jeder Ecke „LOOK RIGHT“ auf die Straße gemalt.

Für Fahrradfahrer ist dieses Land nicht gemacht, das sagt einem jeder den man fragt. Teile von Sydney sind ohnehin viel zu bergig, um mit dem Rad vorwärts zu kommen, aber auch sonst ist es ganz schön gefährlich (haha, das muss ich ja sagen). Radwege gibt es kaum. Die Helmpflicht zeugt ja auch schon von der Gefahr. Und die Autofahrer hier passen nicht so gut auf Fußgänger und Radfahrer auf wie bei uns. An Zebrastreifen steht man oft ewig bis mal ein Auto anhält, wenn man nicht frech genug ist, um einfach auf die Straße zu laufen. Auch an Fußgängerampeln sollte man aufpassen. Eine nützliche Eigenschaft haben sie allerdings: sie machen ein Geräusch, wenn sie grün werden. In Deutschland gibt es auch ein paar Ampeln, die für Blinde ausgestattet sind, aber hier ist das Standard. Das Geräusch, das sie machen, kann ich nicht beschreiben, deshalb versuche ich es auch gar nicht erst. Man kann also ganz gemütlich in die Luft gucken, quatschen oder sonst was tun, während man an einer roten Ampel wartet—nur sollte man geistesgegenwärtig genug sein nicht auf die Straße zu rennen, wenn die Nachbarampel das Piepsen anfängt. Grün sind die Ampeln dann nur ganz kurz, bevor sie anfangen, rot zu blinken. Da kann man normalerweise noch laufen (ähm, ich meine jetzt inoffiziell), muss aber aufpassen, denn wenn sie ganz rot werden fahren auch sofort die Autos los. Das coolste, was ich mal gesehen habe, war eine Ampel mit Anleitung:

Überhaupt scheinen die Australier gern Anleitungen für Dumme zu geben. Auf einer öffentlichen Toilette habe ich mal die Erklärung gesehen, wie man Hände wäscht: Wasserhahn an—Hände nass machen—Seife drauf—Hände abspülen—Hände abtrocknen. Wer hätte das gedacht!

Schilder sind in diesem Land sowieso so eine Sache für sich. Als erstes ist mir aufgefallen, dass hier grün ist, was in Deutschland blau/gelb ist (d.h. Freeway- und Highway-Schilder (Autobahn/Bundesstraße)). Lustig ist auch, dass man in Deutschland gerne Symbole/Bilder verwendet, und hier einfach alles in Worten aufschreibt. „No right turn“ zum Beispiel. Und wieder das Coolste, was ich bisher gesehen habe: „Wrong way—turn around“!!! Ansonsten sieht man tatsächlich überall so gelbe Schilder mit Kängurus drauf, für die Australien inzwischen regelrecht bekannt ist. Und die gibt es nicht nur mit Kängurus, sondern mit allen möglichen und unmöglichen Tieren. Hier ist meine Sammlung.

Ansonsten ist mir noch aufgefallen, dass Taxis hier eher aussehen wie Polizeiautos und Polizei-/Feuerwehr-/Rettungswagensirenen ziemlich anders klingen als in Deutschland (nix mit Quarte). Und Zebrastreifen sehen übrigens aus wie bei uns (und heißen sogar zebra crossing), aber die zickzack-Linien auf der Straße, die in Deutschland Parkverbot bedeuten, sind hier die Ankündigung eines Zebrastreifens.

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Eine Sache hab ich noch hinzuzufügen: Ich finde, dass Parkscheiben eine praktische Erfindung sind! Die kenn man in Australien nämlich nicht. Hier gehen die Politessen umher und machen Kreidestriche an Autoreifen. Wie effektiv das ist, weiß ich nicht. Es scheint zu funktionieren...

Und nochwas: gestern hab ich einen Smart gesehen!!! Bisher dachte ich, die gäbe es hier nicht...

10 Dezember 2006

Kulturschock - Aussie Englisch

Heute hab ich mit ein paar Leuten gequatscht, die ich seit einer Weile nicht gesehen habe. Sie haben als erstes festgestellt, wie australisch mein Englisch doch geworden ist. Naja, dass ich den dicken amerikanischen Akzent losgeworden bin ist wahrscheinlich nicht schlecht ;-) Und ich mag das australische Englisch! Der Akzent gefällt mir, echt. Die Sprache reflektiert die australische Kultur so richtig, finde ich. Sie ist ebenso relaxt und informell wie der Lebensstil. Laid back, würde man hier sagen. Einfach alles wird abgekürzt, da hat man schon ganz schön zu knabbern, wenn man das nicht kennt. Aber seitdem ich rausbekommen habe wie's funktioniert, gefällt's mir total gut. So praktisch! Überall wird einfach i oder o angehängt. Da wird der Nachmittag zum Arvo, der Müllmann zum Garbo, der Jonathan zum Jono, die Grillparty zur Barbie, die Sonnenbrille zu Sunnies, die Verwandten zu Rellies, Weingummis zu Lollies, die Spucktüte zur Sickie (oder auch Tag wo man krank ist), die Zigarette zur Ciggie, der Fernseher zum Telly, die Decke zum Blanky, die Mücke zur Mossie, Wollworths zu Woolies, Eastgardens zu Easties, Badehose zu Swimmers und so weiter, und so fort. Ach ja, und Australier zu Aussie natürlich (die finden es dann sehr lustig, wenn man ihnen von unseren Ossis erzählt). Auch ohne verniedlichung kann man o's ranhängen wo man will: righto... Sehr gut gefallen mir auch so Wörter, die für alles gut sind, z.B. dodgy, das hab ich glaub schonmal erwähnt. Kann für alles, aber auch wirklich alles Negative verwendet werden. Nice kann für alles Positive verwendet werden. Bludge ist auch ein tolles australisches Wort. Von faulenzen bis schnorren kann es alles heißen. Oder "to miss out", das ist auch praktisch. Ambros und ich haben letztens festgestellt, dass "I can't be bothered" uns gut gefällt. Ist selbsterklärend, oder? I just can't be bothered to explain it to you right now anyway ;-). Dude scheint auch was Aussie-mäßiges zu sein. Man kann es an jeden Satz ranhängen! I'm soooo hot, dude! (Really I am, it's been a very warm day).

Dann gefällt mir auch noch, dass das Englische generell dieses formelle "Sie" nicht kennt. Das wird mir schwer fallen, wenn ich wieder in Deutschland bin.

Ja, und dann noch ein Kommentar zu was anderem als Englisch: Meine Studienarbeit ist fertig geschrieben, YAY! Ich habe noch eine Woche Zeit, und die wird es mich schon auch noch kosten, die Lücken zu füllen, mein Englisch zu verbessern, die Implementierung fertigzustellen, die Bildchen zu basteln und das ganze Dokument zu editieren (72 Seiten latex), but I'm feeling very organised at the moment. Schlaflose Nächte wird's hoffentlich nicht geben. It's under control, dude!

18 Dezember 2006

IT IS DONE!!!

Studienarbeit abgegeben! Damit ist die Uni hier beendet. Mannomann! Jetzt werd ich packen, morgen zieh ich um--meine WG löst sich leider schon auf. Jetzt geht alles ganz schnell.

Darf ich vorstellen, meine (noch) Mitbewohnerinnen Kate (Mitte) und Liz (rechts).Es war eine nette WG. Heute Abend (also jetzt gleich) machen wir Family-Dinner mit Weihnachtsgeschenken. Jaja, jetzt muss ich schon anfangen, mich von Leuten zu verabschieden. So kann's gehen.

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The finished document in all its glory can be seen here. Sieht schon hübsch aus, so ein LaTeX Dokument. Aber schaut euch den Inhalt lieber nicht zu genau an. "So much maths hurts my brain" hat eine Freundin kommentiert, die das Ding für mich korrekturgelesen hat ;-)

20 Dezember 2006

Umgezogen!

Puh, geschafft! Das war ganz schön anstrengend! Ich hab zwar nicht viel Zeug (naja, dafür dass ich mit 23kg gekommen bin hab ich ganz schön viel, aber eine Autoladung übersteigt es trotzdem nicht), aber in der Wohnung war eine Menge Zeugs. Alles musste 3 Stockwerke runter. Dann mussten wir noch die ganze Bude blitzeblank putzen, und abends haben Liz und Kate mich dann in Randwick abgeliefert. Das ist quasi gleich um die Ecke, dort wohne ich die nächsten zwei Wochen bei einer Freundin. Die 5-Mädels-WG hat gerade ein Zimmer frei. Glück für mich. Gestern war allerdings Pech für mich, als ich ankam haben meine Schlüssel nicht für alle Türen gepasst. Natürlich war keiner zu Hause und ich musste ewig warten. Als ich endlich drin war war's allerdings sehr nett. Die Mädels sind lieb (die meisten kannte ich schon), der Kühlschrank ist voll und mein Zimmer ist sauber.

Den heutigen Tag hab ich mit Sachen verbracht, die ich dieses Jahr schon viel getan habe. Sämtliche Schränke nach Klopapier durchsucht. Den Toaster gesichtet, als ich die Suche gerade aufgegeben hatte. Den nächsten Supermarkt und die nächste Bushaltestelle ausfindig gemacht. Fahrpläne gewältzt. Mit dem Stadtplan durch die Gegend gelatscht. Nur das Internet hat auf Anhieb funktioniert. Stecker rein und fertig, juhu!

Außerdem hab ich meine allerletzten Weihnachtseinkäufe getätigt. War auf der Suche nach einem bestimmten Buch und hab in ganz Sydney rumtelefoniert bis ich endlich einen Laden gefunden habe, der es vorrätig hatte. Bücher bestellen dauert hier 2 Wochen, nicht wie in Deutschland einen Tag. Aber am Ende war ich erfolgreich, hurra! Mal wieder hab ich den Kopf geschüttelt über die Weihnachtsdeko im sommerlichen Sydney. Leider hab ich kein gescheites Foto, inzwischen fühle ich mich so wenig als Tour, dass mir mitten auf'm Gehweg stehen bleiben und Foto schießen unangenehm ist...Ach ja, nass geworden bin ich auch noch. Hat schon lange nicht mehr geregnet! Und ich hab mir beim deutschen Bäcker ein belegtes Brötchen gegönnt. Soooo lecker! Dass ich das Brot am meisten vermisse hab ich ja schon öfters erwähnt...

Morgen früh muss ich nochmal in die alte Wohnung, da werden die Teppiche gereinigt. Außerdem wollte ich meinen DAAD Bericht so bald wie möglich fertigmachen (und ein riesen Formular muss ich denen auch noch ausfüllen). Freitag fahr ich dann nach Tamworth (600km in die Pampa), um Weihnachten mit meiner Freundin Bec und ihrer Familie zu verbringen. Da freu ich mich schon drauf, Aussie Christmas wird sicher interessant!

21 Dezember 2006

Kulturschock - Uni

Auf meinen Kommentar zum australischen Studiensystem haben viele bestimmt schon lange gewartet. Jetzt will ich ihn abgeben, bevor ich das Thema Uni ganz aus meinem Kopf gestrichen habe. Wie immer muss ich mir bei allem was ich sage bewusst sein, dass es öffentlich im Netz steht, und dass inzwischen evtl. auch Australier mitlesen.

Verallgemeinern ist immer gefährlich. Und doch kann man denke ich einiges im Allgemeinen über das australische System sagen. Die University of New South Wales, wo ich nun 2 Semster studiert habe, ist eine der angesehensten und größten Universitäten in Australien. Die Studiengebühren von mehreren tausen Dollarn im Jahr sind deutlich bemerkbar. Der Campus ist schick und die Ausstattung gut. Von Beratungs-Services bis Sport-Clubs ist alles vorhanden. Trotzdem bezahlt ein normaler kleiner Student für Ausdrucke und Kopien ganz schön viel Geld. Sowas ist durchaus nicht umsonst. Wir Honours Studenten sind allerdings privilegiert. Oh weia, jetzt wird's konfus. Also nochmal...

Die meisten Abschlüsse dauern hier 3 Jahre. Es studieren deutlich mehr Leute als in Deutschland. Dementsprechend würde ich das Niveau auch nicht als vergleichbar bezeichnen. Viele Studiengänge scheinen eher FH Niveau zu haben. Viele Berufe, die in Deutschland eine 3-Jährige Ausbildung erfordern, sind hier Uni-Abschlüsse, z.B. Krankenschwester, Buchhalter, u.s.w. Alles scheint mir etwas weniger akademisch, weniger wissenschaftlich, und natürlich mehr verschult. Das ist der Ruf, und er scheint zutreffend. Die meisten Australier beenden die Schule mit 18 (es gibt nur 12 Schuljahre), Klassen wiederholen ist hier äußerst selten, und die Wehrpflicht gibt's nicht. Der durchschnittliche Studienanfänger ist also deutlich jünger als in Deutschland. Und so wird man auch behandelt. Noch in dritt-Jahres-Kursen ist Anwesenheitspflicht und am Anfang jeder Stunde wird 5 Minuten lang die Liste durchgegangen.

Was Mathe speziell angeht, so ist das hier wirklich nicht mit Deutschland vergleichbar, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Man bekommt hier nicht den Eindruck, sie versuchen mit allen Mitteln, Leute loszuwerden. Es ist sehr viel studentenfreundlicher. Auf der anderen Seite geht es in Mathe ja auch gerade darum, an Problemen dranzubleiben und nicht aufzugeben, auch wenn man ewig nicht auf die Lösung kommt. Uns wurden im ersten Semester Aufgaben gegeben, die wir ganz offensichtlich nicht lösen konnten--nur um uns dazu zu bringen, darüber nachuzudenken. Das wäre hier absolut nicht möglich. Am Anfang haben Ingenieure und sämtliche Naturwissenschaftler zusammen Mathe--inklusive Mathematiker. Da kann man einfach nicht so loslegen wir bei uns. An Beweisen wird gespart und Rechenaufgaben machen sich breit.
Ich hatte letzes Semester hier einen dritt-jahres Algebra Kurs. Da hat er uns doch glatt am Anfang erzählt, dass der Unterschied zum ersten und zweiten Uni-Jahr sei, dass man ab sofort auch Beweise nachvollziehen und ab und zu sogar selbst ausdenken muss, und nicht mehr nur Aufgaben, die ähnlich wie in der Vorlesung (soll heißen gleiche Aufgabe, andere Zahlen) rechnen können muss. Das ist bei uns der Unterschied zwischen Schule und Uni, und nicht zwischen Grundstudium und Hauptstudium!!!
Und auch noch im 4. Uni-Jahr gilt das. Weniger Beweise, mehr rechnen. Und die angewandte Mathe ist hier echt richtig angewandt...

Aber bevor ich mich zu viel über das niedrige Niveau auslasse--einfach ist es trotzdem nicht! Obwohl es nicht immer dem Schwierigkeitsgrad entsprach, den ich gewohnt war, hat es doch wahnsinnig viel Zeit in Anspruch genommen. Selbst wenn Aufgaben machbar sind dauert es, bis man sie ordentlich gelöst hat. Und hier zählt alles. Nicht wie in Deutschland, dass man bei Übungsblättern und Klausuren nur eine bestimmte Punkte-Grenze überschreiten muss um einen unbenoteten Schein zu bekommen. Jedes Kinkerlitzchen zählt in die endgültige Note. Dafür hat man's dann am Semesterende nach den Klausuren aber auch geschafft. Mündliche Prüfungen kennen die hier in Mathe jedenfalls nicht.

Ich muss auch sagen, dass mir die lockere Atmosphäre hier sehr gut gefällt. Die Profs sind sehr bemüht (wenn auch nicht immer mathematisch oder didaktisch besser). Wenn man hingeht um Fragen zu stellen, nehmen sie sich Zeit--für Antworten und für ein Schwätzchen. Man redet sich generell mit Vornamen an, auch den Prüfungsausschussvorsitzenden. Mein Betreuer hat mich regelmäßig zur heißen Schokolade eingeladen :-)
Wir als Honours-Studenten haben auch schon einen "höhren" Status als der normale kleine Student. Also, das Honours-Jahr ist das vierte Studienjahr. Das macht längst nicht jeder. Die meisten hören nach 3 Jahren mit ihrem Bachelor auf. Honours darf nur machen, wer gut ist (und nach diesem 4. Jahr ist man zum PhD-Studium, also zum Doktor machen, qualifiziert). Das Jahr beinhaltet ganz normal Vorlesungen, und eine Studienarbeit (von der ihr schon so viel gehört habt). Als Honours-Student bekommt man einen eigenen Schreibtisch mit Computer in einem gemeinsamen großen Büro (okay, wir waren so ca. 15), darf Telefon, Drucker und Kopierer kostenlos nutzen (die Seitenzahlen sind begrenzt, aber ausreichend), wird zum Mitarbeiter-Fußball eingeladen u.s.w. Die Honours Kurse sind recht klein, meist zwischen 10 und 20 Teilnehmern. Sehr angenehm.

Generell stimmen einem die Australier zu, dass Studium hier meist reines Mittel zum Zweck ist. Man studiert, um einen gut bezahlten Beruf ergreifen zu können. Den meisten geht es nicht um akademisches Wissen. Das gibt es in Deutschland natürlich auch. Ist schwer zu beschreiben. Aber generell hat das Studium in Deutschland glaube ich einen anderen Stellenwert.

Hmmm, jetzt hab ich viel gesagt. Es war leider sehr konfus (wenn ich meinen DAAD Bericht schreibe sollte ich lieber besser drüber nachdenken!). Das waren die interessanten Dinge, die mir gerade so eingefallen sind.

Ach ja, das heutige Foto gibt's natürlich noch... Australische Mathematiker......genauer genommen unsere Maths Honours Clique Gina, ich, Ambros, James und Douglas, bei unserem letzten Treffen. Ein lustiger Haufen, wir hatten schon unseren Spaß zusammen!

Übrigens, Mensen kennt man hier nicht. Karopapier auch nicht. Und die Tafeln sind selbst im Mathe-Gebäude längst nicht so riesig wie in unseren Hörsälen. Nichtmal wirklich vergleichbar mit unseren MI-Übungsräumen, hihi. Da ist man ganz schön mit Wischen beschäftigt.

Happy Christmas!

Das ist meine Freundin Bec. Morgen fahre ich ca. 600 km nach Norden in die australische Pampa, um Weihnachten in Tamworth bei Bec und ihrer Familie zu verbringen. Ich freue mich schon, es wird sicher lustig und spannend und interessant. Echte australische Weihnacht bei einer echten australischen Familie. Seafood lunch und schwimmen im Pool wurden schon angekündigt, auf den Rest bin ich gespannt. Ich berichte euch dann hinterher in einem "Kulturschock - Weihnachten" Post davon.

Die nächsten paar Tage werde ich wohl nicht online sein. Bec has promised to keep me busy. Ich wünsche allen ein fröhliches, entspanntes und bedeutungsvolles Weihnachtsfest!

Bis bald, seid ganz lieb gegrüßt!

28 Dezember 2006

Kulturschock - Weihnachten

Hallöchen, da bin ich wieder! Also, ich hatte ein interessantes und anderes, aber wunderschönes Weihnachtsfest bei Bec und ihrer Familie.
Von Freitag bis Dienstag war ich in Tamworth, einer australischen "country town". Trotz einer größe von nur 50 000 Einwohnern gilt die Stadt als Zentrum. Weil es weit und breit keine größeren Städte gibt. Die nächstgrößere ist Newcastle und 400 km entfernt, dann Sydney, 600 km entfernt. Mannomann, in Tamworth (liebevoll Tammy genannt) ist vielleicht viel Platz! Immer wieder sind wir in Wohngebieten auf Straßen gefahren, zu denen Bec den Kommentar "this would be a 6 lane highway in Sydney" abgegeben hat. Und sie hat recht!
Anyway, die Tage vor Weihnachten haben wir mit Picknick, Kino, Ausflügen zum Fluss, Spaziergängen zum Spielplatz, Geschenke basteln und einwickeln, Kuchen backen und noch mehr so sommerlichen und alltäglichen Tätigkeiten verbracht. Wir hatten unseren Spaß! Endlich mal was anderes, nach der ganzen Arbeit!
Weihnachten fing dann am Heiligabend an. Um 7 waren wir im Gottesdienst, mit einem modern aufgezogenen Krippenspiel, einer evangelistischen Predigt und vielen Weihnachtsliedern. Ich kannte sie alle, nur die englische Textverteilung war mir manchmal fremd. Anschließend sind wir dann in der ganzen Stadt herumgefahren, um die mit Lichtern dekorierten Häuser anzusehen. Das machen hier durchaus nicht alle, wie es in Deutschland oder gar den USA üblich ist. Nur manche Straßen sind voll von solchen Häusern. Scheinbar vergibt der Stromanbieter einen Preis für die Straße der Stadt mit den am besten dekorierten Häusern. LOL. Da haben wir schon ein paar beeindruckende Straßen gesehen, da leuchtet und blinkt und glitzert es, vor den Türen stehen tanzende Weihnachtsmänner, Rentiere und und und. Kunterbund und kitschig, aber interessant. Überall laufen Leute und fahren Autos rum und schauen sich das Spektakel an. Den restlichen Abend haben wir wieder mit Geschenke basteln und Fernsehschauen verbracht.
Wirklich Weihnachten ist am 25.12. Morgens früh werden erstmal Christmas Stockings geöffnet. Sie haben mich an unsere Nikolausstiefel erinnert. Das sind noch nicht die richtigen Weihnachtsgeschenke. Die übergroßen Socken werden gefüllt mit nützlichen Dingen, die über's Jahr sowieso irgendwann ersetzt werden müssen. Stifte, Kleber, Shampoo u.s.w. Da in dieser Familie der Vater sich um den Inhalt kümmert, waren viele Autosachen dabei. Obwohl er zwei Töchter hat. Lackstift, Duftspray, Lenkradschoner. Ich habe auch einen Stiefel bekommen, und ich muss sagen, sie haben gut nachgedacht, mir nichts geschenkt, was zusätzliches Gewicht zu meinem (ohnehin schon viel zu vielen) Gepäck hinzufügt. Alles ist einzeln eingewickelt, und ausgepackt wird der Reihe nach, one at a time. Hat also eine Weile gedauert.
Nach dem Frühstück waren wir im etwas feierlichen Weihnachtsgottesdienst. Als wir herauskamen, hat es geregnet. Und alle haben sich riesig gefreut! Tamworth ist so trocken, dass einem die Füße wehtun, wenn man barfuß über's Gras läuft, weil es so verbrannt ist. Alles ist braun, nichts ist mehr grün. Die Flüsse haben so wenig Wasser, dass man nicht mehr darin schwimmen kann. Wenn sie überhaupt welches haben. Überall in Australien bezeichnet man dieses Jahr als besonders schlimme Dürre, und auf dem Land ist es noch schlimmer als an den Küsten. Seit Monaten betet man verzweifelt für Regen. Und selbst wenn es am wichtigsten Feiertag in Strömen regnet freut man sich wie die kleinen Kinder und verlegt die Grillparty nur zu gerne nach drinnen.
Wir hatten die Grillparty bei Becs Onkel und Tante und Cousinen. Mit schwimmen im Pool war wegen des Wetters nichts, aber das hat uns nichts ausgemacht. Wahrscheinlich war es besser so als wenn es unerträglich heiß gewesen wäre. Nach Lunch und Kaffe sind wir wieder heim und waren für uns. Becs Eltern, ihre Schwester Sarah, deren Verlobter Josh (Hochzeit ist in einer Woche!), Bec und ich. Nach dem Abendessen (Seafood, lecker!) gab's dann Geschenke. Plastikweihnachtsbaum und nichts mit Kerzen. Trotzdem gemütlich. Der Reihe nach wurden auch die Geschenke geöffnet und alle haben sich immer riesig gefreut. Ich habe auch etwas bekommen. Es war eine total fröhliche Gesellschaft, und wir saßen bis spät zusammen. Am Ende wurde dann, auch in dieser zivilisierten Familie mit erwachsenen Töchtern noch ein Video geschaut. So ist das nunmal.
Und das war mein Weihnachtsfest. Es war schon komisch und anders, ohne meine Familie, und ich habe sie auch vermisst. Aber dafür, dass ich nicht zu Hause sein konnte, war es ideal. Becs Familie ist total liebevoll und hat mich so selbstverständlich aufgenommen, dass ich mich sehr zu Hause gefühlt habe.

P.S.: Die Fotos sind leider alle auf Becs Kamera und ich bekomme sie erst noch. Deshalb müsst ihr erstmal Vorlieb mit der "Big Guitar" nehmen. Es ist das einzige, was ich momentan habe. Tammy ist Country Music Capital of Australia, deshalb die Gitarre...

31 Dezember 2006

Happy New Year

Soderle, das könnte für 'ne Weile der letzte ausführliche Blogeintrag werden. Ab jetzt geht alles ganz schnell. In einer halben Stunde hole ich die Anne vom Flughafen ab. Dann geht's in die City zum Feuerwerk. Sydney hat das weltweit größte jährliche Feuerwerk, und dieses Jahr wird es besonders üppig, da die Harbour Bridge 75-jähriges Jubiläum hat. Das lassen wir uns nicht entgehen, auch wenn's gesteckt voll wird (wenn die Anne nicht völlig geschafft ist).
Die nächsten drei Tage machen wir dann ein bisschen Sightseeing in und um Sydney. Ich zeige der Anne meine Lieblingsplätze, und hoffentlich sehen wir auch noch ein bisschen was, was ich noch nicht kenne.
Am Donnerstag fliegen Anne, Katie (australische Freundin) und ich dann nach Perth und touren drei Wochen die Westküste rauf und runter. Soll wunderschön sein, ich bin gespannt. Unseren Spaß werden wir sicher haben!
Danach bleiben mir noch 5 Tage in Sydney, um mich zu organisieren und zu verabschieden. Am 28.1. steig ich mal wieder in den Flieger, um den großen Teich zu überqueren. Ambros und ich machen noch 5 Tage in Thailand halt, bevor ich am 4.2. wieder im guten (k)alten Deutschland lande. Hmmm, irgendwie hab ich das Gefühl, das hätte ich hier schonmal geschrieben. Naja, dann wisst ihr's jetzt doppelt und könnt euch doppelt freuen, dass ich bald wiederkomme. Ich jedenfalls freue mich riesig auf ein baldiges Wiedersehen!

In diesem Sinne wünsche ich allen einen "guten Rutsch" ins neue Jahr, wie man so schön sagt. Das Jahr, das bei mir schon 10 Stunden früher anfängt als bei euch. Ähm, ist das fair? Naja, warum nicht... Also, ein gesegnetes Jahr 2007 (so gefällt's mir besser)!!!

P.S.: Ein Kumpel hat mir sein Auto geliehen, damit ich die Anne besser vom Flughafen abholen kann und wir es hinterher noch in die City schaffen. Er wohnt am anderen Ende von Sydney und ich habe es heute abgeholt. Das hat Spaß gemacht, kreuz und quer durch Sydney zu düsen, mit offenem Fenster, lauter Musik und guter Laune! War gleich mal beim Baumarkt und hab mir 'ne Kiste besorgt. Autos sind schon 'ne praktische Erfindung!